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Unsere meet2respect-Dialogreihe, die schwule, lesbische und andere Menschen mit LGBTI- Identität mit Muslimen zu Gesprächen in Moscheen zusammenbringt, wurde am vergangenen Dienstag in der Dar-as-Salam-Moschee in Neukölln fortgesetzt.

Bei dem meet2respect-Termin am Dienstag, dem 19. Juli 2016 hatte eine Gruppe von etwa zehn schwulen Führungskräften Gelegenheit, sich das Moscheegebäude näher anzusehen, etwas über seine Geschichte (eine ehemalige Freikirche) zu erfahren und grundlegende Fragen zum Islam zu stellen. Aesha Malek, die sich im Verein vor allem um Öffentlichkeitsarbeit kümmert, stellte die Gemeinde und deren langjährige Arbeit im interreligiösen Dialog, der sozialen Unterstützung (u.a. für Obdachlose und Geflüchtete) sowie dem Bildungs- und Integrationsbereich (Sprachkurse, Diskussionsabende, politische Bildung) vor. Auch nach den Ereignissen von Köln seien einige Gemeindemitglieder spontan aktiv geworden, erzählte Aesha Malek. Sie verteilten Rosen an Frauen vor dem Neuköllner Rathaus – und ernteten Dankbarkeit.

Als Moderatorin für den Austausch wirkte Winfriede Schreiber, die ehemalige Leiterin des Verfassungsschutzes Brandenburg und heutige Vorstandsvorsitzende von Leadership Brandenburg, der es gelang, eine offene und entspannte Diskussionsatmosphäre herzustellen. Zu Beginn waren die Teilnehmer*innen aufgefordert, sich jeweils zu den Aussagen „Ich glaube, dass die meisten Muslime Homosexuelle in ihrer sexuellen Identität respektieren“ und „Ich glaube, dass der Großteil der Mehrheitsgesellschaft Muslime in ihrer religiösen Identität respektiert“ zu positionieren. Bei beiden Aussagen gab es eine große Bandbreite an Meinungen. Imam Sabri und Dr. Mousa vertraten beide die Meinung, dass es viele Muslime gebe, die Homosexuelle nicht in ihrer religiösen Identität respektierten und betonten, dass hier noch viel Aufklärungsarbeit nötig sei. Auf der anderen Seite gab es auch niemanden in der Gruppe, der glaubte, dass die Mehrheitsgesellschaft Muslime voll und ganz akzeptiere und respektiere.

Die Einstiegsübung machte deutlich, dass es Menschen, die sich als lesbisch, schwul, bi, trans- oder intersexuell identifizieren, und Muslimen gleichermaßen um gesellschaftliche Akzeptanz geht. Dieser Wunsch nach Akzeptanz und Gleichstellung wurde im Austausch dann auch von verschiedenen Seiten betont. Imam Sabri erklärte auch seine (nicht: die) islamische Sicht auf Homosexualität, in der zwar der gleichgeschlechtliche Sexualakt als Sünde definiert wird, aber gleichzeitig mit der eindringlichen Ermahnung einhergeht, dass kein Mensch das Recht habe, über andere zu urteilen. Er erzählte auch von Homosexuellen, die in der Dar-as-Salam-Moschee beteten und sich ihm anvertraut hätten. Diesen habe er gesagt: „Natürlich bist du Muslim, natürlich hört Gott deine Gebete“. Seine Position gibt ganz gut die Grundsatzerklärung islamischer Verbände zu Homosexualität  aus dem Jahr 2008 wieder, an deren Ausarbeitung die NBS mitwirkte. Zweimal habe er das Thema auch in der Freitagspredigt aufgegriffen und Respekt gegenüber der abweichenden Lebensweise eingefordert. Zur Freitagspredigt, die übrigens immer auf Deutsch gehalten oder übersetzt werde, lud er dann auch gleich alle Anwesenden ein.

Auf den vor einigen Monaten von uns vorgebrachten Vorschlag, eine Gruppe schwuler und lesbischer Menschen in der Moschee zu empfangen, hatte die Neuköllner Begegnungsstätte (NBS) sehr offen und positiv reagiert. Kein Wunder, die NBS wurde uns vor zwei Jahren von der AGIM der Berliner Polizei (Arbeitsgebiete Integration und Migration) empfohlen, NBS-Imam Sabri wurde 2015 mit dem Verdienstorden des Landes Berlin ausgezeichnet und unser erster Besuch fand zusammen mit jüdischen Vertretern anlässlich einer Stolpersteinverlegung statt. Nach zehn Jahren Gemeindearbeit zieht der Vorstandsvorsitzende Imam Sabri heute eine positive Bilanz und betont, dass ein enormer Wandel und eine Öffnung stattgefunden hätten, die gerade bei den Jüngeren deutlich spürbar seien. Dass heute freitags 1.500 Betende zum Gebet kämen statt wie zu Beginn seiner Amtszeit nur dreißig, bestätigt ihn in seiner Arbeit.

Nach einiger Planungszeit und dem Ende des Fastenmonats Ramadan kam der Termin nun zu einem Zeitpunkt zustande, zu dem die Moscheegemeinde und ihr Vorstand mit Medienberichten konfrontiert sind, die sie in einen extremistischen Zusammenhang stellen. Die Moschee wird als „radikal“ bezeichnet und Bezirksbürgermeisterin Dr. Giffey Naivität dafür unterstellt, die Moschee besucht zu haben. Diese Berichterstattung halten wir für tendenziös und ungerecht gegenüber einer Moscheegemeinde, die sich gegen Extremismus engagiert und in der auch Besuche und Auftritte von jüdischen Vertretern stattfanden. Dies hat unser Geschäftsführer Bernhard Heider auch schriftlich in einem offenen Brief zum Ausdruck gebracht.

Wir danken der Dar-as-Salam-Moschee und ihren Vertretern für die Gastfreundschaft und wünschen ihnen viel Erfolg, dass sie bei ihrem Engagement für Respekt gegenüber anderen auch umgekehrt Respekt erfährt.

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